Dezember in Indien

Nach einer etwas längeren Pause melde ich mich nun wieder. 


Ich hoffe, dass ihr alle gut in das neue Jahr 2018 gestartet seit und das 2017 ein gutes Ende gefunden hat.

In diesem Post möchte ich euch über meinen Übergang der Jahre berichten der wohl einer der Außergewöhnlichsten aber vielleicht auch Schönsten war.

Viele haben mich nun schon gefragt :
"Und wie verbringst du die Weihnachtszeit in Indien?" 

Auf der Such nach Weihnachten 

In diesem Punkt merkt man nun dass ich mich im "traditionellen Norden" Indiens befinde wo die meisten Menschen dem Hinduismus angehörig sind. Ehrlich gesagt, hatte ich wenigstens etwas Dekoration im Guesthouse wie in der Stadt erwartet da das "Fest der Liebe" nur zu gern kommerziell genutzt wird. Aber nein, ich muss euch enttäuschen. Nichts, Nothing, kuchh nahi....

Könnt ihr euch vorstellen kein Weihnachten zu haben? Glaubt mir, wenn nichts weihnachtlich ist dann kann man auch nichts vermissen. Bei 30 Grad und einem vollen Arbeitstag ist es wohl auch schwer eine Verbindung mit der kalten deutschen Adventszeit herzustellen.

Roxanne und ich konnten aber dennoch nicht davon ablassen wenigstens etwas an unsere Traditionen von Deutschland festzuhalten. Wir bastelten uns gegenseitig Adventskalender die, gefüllt mit Süßigkeiten und lieben Nachrichten, jeden Tag auf uns warteten. Meine Familie hatte mir als Überraschung ebenfalls einen Adventskalender gemacht der, passender hätte es nicht sein können, am 1. Dezember als etwas zerdrücktes Paket bei mir in Jodhpur ankam. Unser Adventskalender bestand aus Räucherstäbchen die wir an jedem Adventssonntag entzündeten. In meinem Center veranstaltete ich am 6.Dezember  eine Workshop über den Heiligen Nikolaus. Da blickte ich aber in ratlose Gesichter als ich die Geschichte des Bischofs von Myra erzählte. Naja wenigsten waren alle glücklich als ich ihnen Süßigkeiten aus einem "Säckchen" überreichte.
Einen Weihnachtsbaum für das Boardinghome


Mein Geburtstag in Indien

Ein Saree muss her

Mitte Dezember stand für mich dann noch eine größere Feierlichkeit an: mein 20. Geburtstag.
Schon eine Woche davor waren meine Schülerinnen und die Mädchen vom Boardinghome unglaublich aufgeregt und freuten sich auf diesen Tag. Ich hatte schon lange die Überlegung gehegt mir für meinen Geburtstag einen Saree zu kaufen. Die Arbeitstage vergingen rasend. Fünf Tage vor meinem Geburtstag besuchten Roxanne und ich den "Lucky Silk Store" wo ich schon nach kurzer Zeit meinen "Traumsaree" fand. Der Verkäufer legte bereits wissend dunkelblaue und dunkelrote Stoffe bereit. Einen Saree kann man wirklich in jeder Farbe und in jedem Stoff haben aber mal ehrlich, so ein frisches Gelb oder ein leuchtendes rot sieht einfach besser auf der sonnengeküssten Haut der Inder aus. Ich dagegen würde mich eher, wie beim Anniversary, als verkleidete Puppe fühlen. Meine Wahl fiel auf einen dunkelblauen Stoff mit goldenen Applikationen. Der Verkäufer brachte mich zu einem Laden wo wir einen blauen Unterrock auswählten und danach betrat ich eine winzige Schneiderei wo meine Bluse entstehen sollte. Zwei Tage vor meinem Geburtstag war diese dann fertig und ich konnte sie zusammen mit der fünfmeterlangen Stoffbahn abholen die meinen Saree bilden sollte.




So sieht mein Saree aus

Der Geburtstagsmorgen

Der Geburtstagsmorgen war sehr familiar. Gerade waren nur vier Freiwillige im Haus anwesend und so gut wie keine Gäste. Ich saß mit Roxanne gemütlich beim Frühstück als mir Aman, Pappu, Deepak, Monica und Bhom, die Angestellten des Guesthouses einen Kuchen überreichten auf dem mit Sahne "Happy Birthday Jana" geschrieben stand. Ich pustete die zwei Kerzen darauf aus und schnitt ihn, unter einem Geburtstagsständchen, an. Roxanne und ich gönnte uns je ein Stückchen der Torte die nach einer etwas künstlichen Ananas schmeckte. Der Rest ging an die Lieben die mir schon meinen Geburstagsmorgen unvergesslich gemacht hatten.
Im Zimmer überreichte mir dann Roxanne im Privaten ihr Geschenk an mich.
schon die Tafel beim Frühstück versüßte mir den Morgen

Zum Glück hatte ich Monica die hier im Guesthouse arbeitet. Da sie zwar auch nicht so oft Sarees trägt brauchte sie etwas Zeit aber schaffte es mich von einem westlichen Mädchen in eine indische Frau zu verwandeln. Sie wickelte die Stoffbahn um mich und am Ende kam ein sehr ansehnliches Ergebnis heraus. Noch der letzte Feinschliff: dunkler Lidschatten, Schmuck und natürlich ein Bindi.
Monica sorgte für meinen perfekten Auftritt
Die Szene als ich aus dem Zimmer trat könnte eins zu eins aus einem Bollywoodfilm stammen auch wenn dazu wohl die Musik fehlte. Zwei Schritte aus meinem Zimmer und plötzlich waren alle Blicke der Angestellten und der gerade angekommen Gäste auf mich. Nach dem Schock kam dann ein bewunderndes "Wow" oder "beautiful girl".

Mein Arbeitstag war heute ein Feiertag

Im Laadli Empowerment-Center hatten sich alle Frauen rausgeputzt und ihre schönsten Sarees und Kurtis angezogen. Sharda wurde von den anderen sogar nach Hause geschickt um sich umzuziehen da die anderen ihren Saree nicht passend fanden! Habe ich schonmal erwähnt dass meine Schülerinnen ganz schöne Fashionistas sind?! So kam es auch dass nach einer Umarmung mit meiner Studentin Kiran sie mich in einen Raum zog um erstmal meinen Saree zu richten.  Meine Kollegin Santosh lieh mir goldenen Plastikschmuck für den Morgen der mein Outfit abrunden sollte.
Die erste Stunde verbrachten wir einfach nur mit Fotos machen. Zum Glück übernahm meine Mitfreiwillige Florence aus England die Rolle als Fotografin! Danach bekamen wir zu Essen. Parata, Curry und Obst welches meine älteste Schülerin für mich schälte. Sie drangen mich schneller zu essen da draußen ein Kuchen auf mich wartete den ich ,wieder mal unter Singen, anschneiden durfte. Danach kam die wohl ungewöhnlichste Geburtstagstradition die ich je gesehen hatte. Jede Schülerin fütterte mich mit einem Stück der Schokotorte und ich fütterte auch manche zurück. Im Vorgang des Hinhaltens des Sahnekuchens musste man dabei auch noch möglichst schön in die Kamera schauen. Ich fühlte mich als hätte ich den halben Kuchen alleine gegessen und musste erstmal mein Gesicht von Schokolade befreien bevor es zu der Tanzparty überging. Die Musik wurde aufgedreht und die Frauen tanzten mit mir und Florence auf Rajasthanisongs. Bevor ich ging teilte ich noch deutsche Haribo-Gummibärchen aus was ganz besonders für meine Schülerinnen war.
Zum Mittag musste ich ja nun nichts mehr essen und so ging es nach einer kurzen Verschnaufspause in mein Boardinghome. Dort stand ich erstmal mit dem indischen Praktikanten Harshit vor verschlossenen Türen. Als die Kinder uns reinließen wurde ich von einem lauten Geburtstagsständchen überrascht. Als Dankeschön teilte ich auch hier Gummibärchen aus da schon die ersten nach "Toffees" fragten. In Indien ist nämlich das Geburtstagskind derjenige der etwas ausgibt! Auch hier wurde wieder ordentlich getanzt und anschließend Fotos gemacht. Ich bekam sehr viele süße gebastelte Karten überreicht.
Glücklich von der ganzen Feierei  erreichte ich am Ende des Tages dann wieder das ruhige Guesthouse. Dort ließ ich den Abend mit den anderen Freiwilligen und den Angestellten bei einem selbstgemachten Glühwein ausklingen den ich mit Roxanne in der Küche zubereitet hatte.


Alle Schülerinnen des Laadli EC schön rausgeputzt

damit es auch wirklich gut aussieht 

sooo viel  Essen!

mein 2. Geburtstagskuchen

Auspusten und was wünschen!

Irgendwie ist es schwer dabei gut auszusehen!

Glühwein wie vom Weihnachtsmarkt

Was ein Tag!

Ohne zu zögern sage ich, dass es einer der besten Geburtstage bis jetzt war! Mir wurde so viel Aufmerksamkeit und Liebe zugeteilt so dass ich mich rundum wohl fühlte. Es ist schön zu sehen wie meine Schülerinnen zusammen mit mir feierten und die Zeit genossen. Fernab von allen materiellen Geburtstagaufmerksamkeiten ist hier das größte Geschenk die Gemeinschaft! Es ist echt wunderbar was für tolle Menschen ich hier um mich habe.

Mein Geburstag war wohl der pulsierendste Tag im Dezember und noch Tage danach sprachen meine Schülerinnen und Mädchen darüber.

Nun kann Weihnachten kommen?!

Auf Weihnachten kamen Roxanne und ich dann doch ins Weihnachtsfieber.

21. Dezember 

Der 21. Dezember war bereits unser letzter Arbeitstag. In meinen Projekten veranstaltete ich deshalb eine Art "Weihnachtsfeier". Ich hatte ein Foto mit mir für jede Schülerin und jedes Mädchen entwickeln lassen und schenkte dies ihn. Die Freude über so ein einfaches Geschenk war riesig. Als ich das Center am Morgen verließ stürmten meine Schülerinnen noch auf mich zu und behängten mich mit großen Blumenketten. Ich fragte mich ob ich den Weihnachtsbaum darstellen sollte aber ich wurde aufgeklärt das dies eine Geste des Respekts und der Zuneigung ist. Ursprünglich kommt diese Verehrung einer Frau durch ihren Ehemann zu.
der indische Weihnachtsmann?

Mein letzter Arbeitstag in 2017


22. Dezember

Am 22. Dezember drangen wir in die Küche vor um Plätzchen zu machen. Das erste Produkt waren Schokocrossis, die wohl einfachsten Kekse der Welt. Man nehme Cornflakes und Schokolade. Lässt die Schokolade schmelzen und gießt sie über die Cornflakes. Fertig! Als zweites wagten wir uns an einfache Butterplätzchen. Der Teig ist ebenfalls einfach jedoch scheiterten wir am Backofen. Etwas Vergleichbares war ein Ofen in Mikrowellengröße mit einem Rost darin.
Wahrscheinlich hatte ich etwas vom Plätzchenteig probiert denn am Abend überfiel mich eine ziemlich bittere Lebensmittelvergiftung die mich in der Nacht nicht schlafen ließ und mein Weihnachten noch weniger genießbar machte.
Spaß beim Plätzchen machen

23. Dezember

Den 23. Dezember verbrachte ich im Bett. Zum Glück lud uns Govind am Abend ins Kino ein und so kam ich wenigstens etwas heraus. Als Kind hatte ich immer eine Cola bei Maren-Darm-Erkrankungen bekommen und so konnte ich auch meinem Wohlbefinden eine Freude machen.

24. Dezember

Am 24. Dezember, immer noch geschwächt, beschlossen Roxanne und ich: Ein Weihnachtsbaum muss sein. Im Haus fanden wir kleine Weihnachtskugeln und schmückten damit kurzerhand eine Palme vor unserer Zimmertür. Gerade ist Polosaison in Jodhpur und da unserer Stadt eines der ältesten Teams besitzt die zudem gut bekannt sind entschlossen Florence, Roxanne und ich uns dieses Event nicht entgehen zu lassen. Wir fuhren zu dem königlichen Poloplatz in Jodhpur und schauten uns das Match an welches ungefähr eine gute Stunde ging. Viel konnten wir zwar mit der Sportart wirklich nicht anfangen aber es war ein schöner Einblick in die indische Sportkultur und ein entspannter Sonntagsausflug. Den Weihnachtsabend gestaltete uns Govind. Wir drei übrige Freiwillige saßen mit ihm und Virendra vor dem Haus. Er hatte für uns Fisch besorgt. Es war das erste Mal in Indien dass ich Fisch aß! Er marinierte ihn was meinen Magen nicht wirklich glücklich machte aber ich musste ihn probieren. Dazu gab es auch noch etwas Hühnchen und Wein. Wir hörten Weihnachtslieder mit denen die Inder nicht viel anzufangen wussten. Es war ein sehr gemütlicher Abend und auch eine passende Portion Weihnachten für uns, ist doch das beste an Weihnachten die Gemeinschaft guter Menschen.
Jodhpur Polo

Unsere Weihnachtspalme 

Govind macht uns Fisch!

25. Dezember

Am 25. Dezember fanden Roxanne und ich eine christliche Kirche in Jodhpur die einen Weihnachtsgottesdienst veranstaltete. Wir besuchten die Messe um neuen Uhr morgens in der "Sommerville Memorial Church". Die Kirche war zu klein und deshalb gab es eine Bildschirmübertragung außerhalb. Der Gottesdienst war zwar auf Hindi aber man konnte dennoch folgen. Es war eine schöne Gemeinschaft in der man sich "Merry Christmas" wünschte, auch wenn wir als einzige "Weiße" erstmal ausgiebig fotografiert wurden. Im Guesthouse übergaben wir uns dann gegenseitig Geschenke und hatten auch unsere indische Familie im Guesthouse bedacht. Zudem bekamen wir noch Besuch von zwei Freiwilligen von Volunta. Ronja und Alice aus Bangalore verbrachten ihren Urlaub im Norden Indiens und beehrten ebenfalls Jodhpur mit einen kurzen Besuch. Es ist immer schön unsere Mitfreiwilligen wiederzusehen.
Die Sommerville Memorial Church in Jodhpur

Die erste und einzige Weihnachtsdekoration in Jodhpur

Es gab sogar eine Krippe!

26. Dezember

Den Tag  darauf verbrachten wir jedoch ausschließlich mit Packen da wir am 27. Dezember bereits zu unserem wohlverdienten zweiwöchigen Winterurlaub aufbrachen. Darüber aber mehr in einem nächsten Post...



Also: "Jana wie hast du Weihnachten gefeiert?" 

"Ich habe Weihnachten in einem Land gefeiert wo 90% der Menschen Hindustanis sind und für die dieses Fest nichts bedeutet. Diese Menschen haben mir jedoch wieder einmal mehr gezeigt, dass es nicht auf den Ort ankommt an dem man sich befindet sondern auf die Gemeinschaft die man hat. In meinem, nun nicht mehr Teenager, Alter werde ich wohl noch einige Jahre Weihnachten in Deutschland im Kreise der Familie erleben. Was zählt ist jetzt und hier. Im Dezember wurde ich mit unglaublichen Eindrücken und Emotionen konfrontiert. Ich habe gemerkt wie frei die Menschen hier von materiellen Zwängen sind und wie sehr sie ihre Zeit nutzen um das Beste daraus zu machen. Letztendlich habe ich mich nie alleine gefühlt. Kann es etwas Wichtigeres geben?"




 

Kommentare

  1. Hallo Jana,
    das neue Design deines Blogs gefällt mir sehr gut, man kann deine Beiträge vor dem hellen Grund noch besser lesen, auch die Darstellung der einzelnen Beiträge in Kacheln ist zeitgemäß und macht die Sache noch übersichtlicher. Ich finde es sehr inspirierend, wie du deine indische Advents- und Weihnachtszeit beschreibst. Es kommt tatsächlich nicht auf den Ort an, sondern auf die Menschen die einen umgeben. An dieses Weihnachten und an deinen Geburtstag wirst du sicher dein ganzes Leben denken. Ich bin dankbar, dass du diese Erfahrung machen konntest und freue mich riesig für dich. Bin schon auf Ostern gespannt....

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