Happy Holi


Holi - ein Fest auf das sich alle schon lange im Voraus gefreut haben.


Wir hatten nicht viele Erwartungen was das Fest für uns bereithält und waren gespannt.
Das Fest wird immer am ersten Vollmondtag des Monats Phalgun (Februar/März) gefeiert. Vor allem im Norden Indiens gilt es als eins der größten Feste. Auch der Gott Krishna soll es bereits mit seinen Gefährtinnen zelebriert haben.

Dieses Jahr war der Hauptfeiertag für Holi der 2. März. Bereits davor wurden die Feiereien aber erfolgreich gestartet.
Die Farben konnte man überall kaufen. 

Ich entschied mich für ein "angeblich" natürliches Pulver in rot. 


Meine erste Begegnung mit Holi habe ich meinen Schülerinnen im Laadli Empowerment-Centre am 28. Februar zu verdanken. Nach dem Unterricht holten sie ein paar Tüten pinkes und grünes Pulver heraus und tupften es mir zart ins Gesicht, ich tat das selbe zurück.
Meine Kollegin Anju, meine Schülerin Sharda und mein Mitfreiwilliger Donatien aus Frankreich freuen sich mit mir über den Beginn von Holi. 

Im Guesthouse wurde am selben Tag eine Holifest der besonderen Art für die Freiwilligen, die Mädchen der Boardinghomes und die Angestellten und Schülerinnen der Center veranstaltet. Anstatt mit staubigem Pulver "spielten" wir Holi mit Blumen! Kontrovers eigentlich, dass wir uns davor duschen sollten. Der Altar mit Krishna stand im Innenhof und es gab Musik. Die Frauen waren eifrig dabei von 10 Kilogramm Blumen die Blüten abzuzupfen. Nachdem wir eine Zeit lang die Musik genossen hatten wurden die Blumen aus dem 1. Stock auf uns heruntergeschüttet. Das war das Startsignal. Alle fingen an die Blüten aufzusammeln und sie einander erst sanft und dann zunehmend wilder auf den Kopf zu verstreuen. Mit einem "Happy Holi!" fielen sich alle gegenseitig in die Arme. Über zwei Stunden feierten an die hundert Menschen im Guesthouse das Blumen-holi mit wilden Tänzen und Schlachten. Danach gab es zur Stärkung Lassi und indische Süßigkeiten.
Das geschmückte Guesthouse mit dem Altar für Krishna. 

Alfisha im Blumenregen. 


Der eigentliche Anfang von Holi ist jedoch am Abend des 1. März. Dieser  Tag wird als Holika Dahan oder auch Chhoti Holi (kleines Holi) bezeichnet. Wir hatten diesen Tag frei und konnten uns so für das größte Fest des Jahres ausruhen. Am Abend konnte man dann schon die ersten Rituale miterleben. In der Straße unseres Hauses bauten am Nachmittag ein paar Kinder mit ihrem Vater eine kleines Lagerfeuer bestehend aus getrockneten Kuhfladen, Stroh und Ästen.
Ein, noch nicht angezündetes Kunstwerk. 

Eine Mythe aus dem Hinduismus erzählt: 

"Der kindliche Prinz Prahlada sollte von seinem Vater überredet werden, ihm alle göttliche Ehre zu erweisen, der Junge jedoch verehrte weiterhin nur Vishnu. Mit verschiedenen Mitteln versuchte nun der König seinen Sohn zu töten, jedes mal jedoch griff Vishnu selbst ein und rettete das Kind. Schließlich griff der König zu einer List: Seine Schwester Holika, die durch besondere Kräfte vor dem Feuer geschützt war, sollte mit Prahlada auf dem Schoß ins Feuer springen und ihn so verbrennen. Aber die Flammen verschonten das Kind und von Holika blieb nur ein Häufchen Asche."    
Danach feiern die Menschen als Erinnerung an die Vernichtung der Dämonin das Fest Holi. 
Die Strohfigur in er Mitte des Feuers soll die Dämonin Holika darstellen aus deren Armen der Prinz in Form eines Stocks gerettet wird.

Als der "Scheiterhaufen" am Abend angezündet wurde gestellten wir uns dazu und wurden prompt von der Familie in die Feiereien eingebunden. Sie drückten uns einen kleinen Zuckerfladen und zwei grüne Baumblätter in die Hand. Mit diesen sollten wir nun dreimal im Uhrzeigersinn das Feuer umrunden und die Sachen dann anschließend verbrennen. Die ganze Prozedur wurde dann noch mit einer Kokosnuss in den Händen gemacht. Als diese "Opfergaben" beendet waren bekamen wir einen Bindi auf die Stirn und es wurde sich gegenseitig Farbe auf Wangen und Stirn gestrichen. Wir bedankten uns ausgiebig für die offenherzige liebevolle Geste und ließen den Abend im Guesthouse mit den anderen Freiwilligen ausklingen.
Der Scheiterhaufen in unserer Straße. (Ziemlich nah an den Bäumen) 



Am nächsten Morgen war jeder gespannt was uns an diesem besonderen Tag erwarten würde.
Erstmal duschte ich was sich als eine der unnötigsten Aktionen meines Lebens bewies. War doch klar.
Roxanne und ich zogen uns schwarze Hosen und weiße T-shirts an bei denen es nicht so schlimm war wenn sie danach farbig waren. Vielleicht entstand ja das ein oder andere Kunstwerk auf uns.

Draußen vor dem Haus wurde eine Box aufgebaut und Musik gestartet. Irgendwann wurden wir rausgerufen aber anstatt eingepudert zu werden wurden wir einer nach dem anderen mit Tonnen von Wasser überschüttet. Nun war ich also komplett nass. Das war anscheinend die Grundlage für die Farbe. Ein Tisch dekoriert mit Bergen von Puder wurde aufgestellt und alle Freiwilligen und Angestellten rannten um die Wette. Es wurde geschmissen, bestrichen, gerieben und eingeseift. Kaum war man wieder trocken wurde man unter den Wasserstrahl gezogen. Nach ein paar Stunden des Farbkampfes wurde angefangen den Männern die T-shirts zu zerreißen. Die Stoffreste wurden mit einem Knoten versehrt und schön nass gemacht um sie anschließend als Peitschen für die halbnackten Männer zu benutzen. Ja richtig gehört! Ehrlich gesagt traute ich am Anfang meinen Augen nicht als ich die Frauen in Sarees die Männer die Straße hinunterjagen sah. Wir wurden ebenso dazu aufgefordert. Nach langem Zögern machten wir etwas mit und jagten die Angestellten des Hauses und Govind. Bei jedem Schlag entschuldigten wir uns aber sofort da die Männer quietschten wie Schweinchen. Ich wills ja eigentlich nicht zugeben es macht aber schon irgendwie Spaß. :D
Es geht los! Staubige Angelegenheit. 

Wir Freiwillige auf dem "Schlachtfeld".

An Holi werden quasi alle Grenzen und Schranken aufgehoben. Nichts wird bedingt durch die Kaste, das Alter, das Geschlecht oder den gesellschaftlichen Status. Dennoch sollen sich Witwen und Familien die vor kurzem einen Trauerfall erlitten haben enthalten was mittlerweile aber nur noch in früheren Generationen so gehandhabt wird. 

Als das Getummel etwas abflachte eilten wir Freiwillige mit ein paar Puderresten in die Stadt zum Clocktower. Dort war aber die Feierei die meistens bis um zwei Uhr Nachmittags dauert schon beendet. Die Straßen waren so leer wie noch nie. Dennoch fanden wir hier da ein paar gleichgesinnte denen wir mit einer Umarmung und einer Hand voll Puder ins Gesicht "Happy Holi" wünschten. Egal ob Shopbesitzer, Frauen im Saree, Jungs auf Motorrädern oder spielende Kinder wir teilten unsere Farben mit allen. Diese Aktion rührte mich sehr. Heute war es egal wer man ist. Es gab kein Fremd und kein Freund, kein Feind, keine Religion und erst recht keine Hautfarbe.
Zurück im Guesthouse wurden wir schon für eine weitere Runde "Wasserfarbe" erwartet. Dazu gab es wilde Tanzbattles. Am Abend konnten wir nur noch tot in unsere Betten fallen.
Ob das je wieder weggeht?!


Auch nach zwei Wochen trage ich nun die Erinnerungen in meinem Herzen und die Farben auf meinen Klamotten und Haaren.


Kommentare

  1. Das hätte ich gerne Miterlebt. Währe bei meinen Blonden Haaren super geworden. von Karin

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  2. Was muss ich da lesen?: "es macht aber schon irgendwie Spaß". Nicht, dass du mir daheim mit einem nassen Stofflappen hinterher rennst.
    Deine Schilderungen des Holi-Festes sind wunderschön und plastisch, das unterscheidet sich von den bei uns bekannten Holi-Veranstaltungen auf einem Parkplatz in einem Industriegebiet.

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